Dirk Söhnholz: Pionier der nachhaltigen Geldanlage
Prof. Dr. Dirk Söhnholz im Interview
Dirk Söhnholz ist Professor für Asset Management an der Uni Leipzig und Geschäftsführer der Soehnholz ESG GmbH. Er hat sich intensiv mit der Erforschung von alternativen Geldanlagen, Asset-Allokationen, Risikomanagement und verantwortungsvollen Geldanlagen beschäftigt. Sein Unternehmen bietet Modellportfolios als Alternative zu klassischen Investmentfonds an. Der Schwerpunkt liegt dabei auf nachhaltigen Geldanlageportfolios für Vermögensverwalter und Banken. Zudem ist Prof. Söhnholz seit 2020 Senior Partner der Deutschen Wertpapiertreuhand (DWPT), wo er für 16 ETF-Anlagestrategien in den Bereichen Multi-Asset, Aktien, Alternatives und ESG (Environmental, Social, Governance) zuständig ist. "Lange bevor Nachhaltigkeit eine Bedeutung in der breiten Öffentlichkeit bekam, hat Dirk Söhnholz schon erfolgreich streng nachhaltige Investmentportfolios entwickelt. Wir freuen uns sehr, zusammen mit ihm unser Angebot im ETF, ESG sowie im Impact Investing auszubauen", so Marcel van Leeuwen, Vorsitzender der Geschäftsführung der DWPT.
15.12.2021
Herr Söhnholz, was ist Ihr Kerngeschäft? Was sind die wichtigsten Alleinstellungsmerkmale Ihres Unternehmens, der Soehnholz ESG GmbH?
Mein Kerngeschäft sind möglichst nachhaltige Geldanlageportfolios aus ETFs oder Aktien.
Welche Anlagekriterien haben Sie bei Soehnholz ESG? Wie stellen Sie sicher, dass potenzielle Geldanlagen Ihre Anforderungen erfüllen?
Ich habe einen regelbasierten Ansatz. Aus einem jeweils großen Universum und in Deutschland zum Vertrieb zugelassenen börsennotierten Indexfonds (ETFs) bzw. Aktien werden die jeweils nachhaltigsten herausgesucht und zu möglichst attraktiven Portfolios zusammengestellt. Die ersten dieser Portfolios habe ich in 2015 entwickelt und fast alle haben bisher sehr gut performt, obwohl ich nur sehr wenige traditionelle Wertpapierselektionskriterien nutze. Dadurch kann ich umso härtere Nachhaltigkeitsanforderungen stellen. Wie bei Indizes werden alle Regeln dokumentiert und veröffentlicht, um Transparenz zu schaffen.
Welchen Mehrwert bieten Sie Ihren Kunden im Vergleich zu den Wettbewerbern?
Erstens bieten wir seit Jahren besonders viele Portfolios an, die es woanders oft gar nicht gibt, z.B. passive Allokationsportfolios aus Socially Responsible Investment ETFs oder diversifizierte nachhaltige Portfolios aus Themen-ETFs. Bei Aktien sind wir Pioniere von Infrastruktur-ESG, Immobilienaktien-ESG, Deutsche Aktien ESG und anderen regionalen und sektoralen ESG Portfolios. Zweitens sind unsere Portfolios besonders nachhaltig, weil wir fast nur Responsible Investment Kriterien für die Wertpapierselektion nutzen, die deshalb besonders streng sein können. Drittens können wir maßgeschneiderte Portfolios schon ab relativ geringen Anlagesummen anbieten. Und viertens bieten wir unseren Kunden vielfältige Unterstützung in Form von Nachhaltigkeits-Webinaren, Videotelefonaten oder wissenschaftlichem Research an.
Die Bedeutung von Nachhaltigkeitsfaktoren steigt sowohl bei institutionellen Investoren als auch bei Endkunden – und damit auch bei den Unternehmen. Woran liegt das?
Unternehmen, die nachhaltiger als ihre Wettbewerber sind, haben oft höhere Umsätze und können sich einfacher und günstiger finanzieren. Und nachhaltige Geldanlagen haben meist weder Rendite- noch Risikonachteile gegenüber traditionellen Anlagen. Damit spricht fast alles für verantwortungsvolles Unternehmensverhalten und für nachhaltige Geldanlagen.
Wie sehen Sie die Rolle von Ratingagenturen?
ESG-Ratinagenturen sind sehr wichtig, weil die meisten Anleger sich kein gutes eigenes ESG-Research leisten können. Man sollte sich aber keinesfalls unkritisch auf solche Ratingagenturen verlassen. Schon die Auswahl der Ratingagentur hat Auswirkungen auf Geldanlageportfolios. Manche große Agenturen nutzen derzeit die hohe Nachfrage leider aus, um zu hohe Preise zu verlangen oder zu schlechten Service zu liefern.
Woran krankt es momentan besonders bei der ESG-Bewertung?
Nachhaltigkeit kann individuell ganz unterschiedlich definiert werden. Viele ESG-Daten sind zudem nur schwer zu quantifizieren. Deshalb sind transparente und möglichst flexible ESG-Bewertungstools sehr wichtig.
Worin besteht Ihrer Meinung nach eine der größten Herausforderungen im ESG-Bereich?
Die Übertreibung von Nachhaltigkeit, die oft Greenwashing genannt wird, ist eines der größten Probleme, weil sie ernsthaft nachhaltigen Geldanlagen schaden kann.
Nimmt im Allgemeinen Greenwashing zu? Wie sollte man effektiv dagegen vorgehen?
Nachhaltige Investments lassen sich immer einfacher verkaufen. Das verstärkt Greenwashinganreize. Nachhaltigkeitstransparenz und -Bildung sind die besten Mittel gegen Greenwashing. Regulierung kann dagegen meist nur relativ einfach zu erfüllende Mindestanforderungen festlegen.
Welche Rolle könnte in Deutschland künftig die neue Regierung in Bezug auf Nachhaltigkeit in Industrie und Finanzbranche spielen?
Hilfe zur Selbsthilfe und Transparenzförderung scheinen mir die besten Ansätze zu sein. Regierungsvertreter könnten zum Beispiel private nicht-kommerzielle Initiativen wie Finanzwende, CRIC, DVFA PRISC, die FNG Profile oder meinen Nachhaltigkeitsblog fördern.
Welche Innovationen darf man von Ihrem Unternehmen in nächster Zeit erwarten? Welche Pläne gibt es bei Soehnholz ESG für die Zukunft?
2021 habe ich aus meinem strengsten nachhaltigen Portfolio einen Fonds gemacht. Dafür suche ich Käufer und Vertriebspartner. In Bezug auf meine Investments werde ich den eingeschlagenen Weg konsequent weitergehen und meine Nachhaltigkeitsanforderungen noch strenger machen. Da ich schon konsequent nachhaltige Portfolios für fast alle Branchen und Regionen anbiete, steht 2022 die Individualisierung im Vordergrund. Technisch ist es schon jetzt möglich, individuelle streng nachhaltige Portfolios aus Aktien auch mit relativ geringen Anlagesummen effizient umzusetzen. Was mir noch fehlt ist ein innovativer Finanzdienstleister, der das seinen Kunden anbieten möchte. Der Hauptvorteil dabei ist, dass man auf einen Schlag ein sehr breites und zudem noch individualisierbares Nachhaltigkeitsangebot hat.
Herr Söhnholz, wir danken Ihnen für das Gespräch.